Der fliegende Holländer

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Die Oper Der fliegende Holländer von Richard Wagner

Der fliegende Holländer
Romantische Oper in drei Akten
WWV: 63

Libretto: Richard Wagner (inspiriert von Heines "Memoiren des Herrn von Schnabelewopski")
Originalsprache: Deutsch
Spieldauer: ca. 2.30 Stunden

 

Über das Werk:

Entstehung:
Wagner lernte die Sage vom "Fliegenden Holländer" 1838 in Riga kennen - durch die Lektüre von Heinrich Heines "Memoiren des Herrn von Schnabelewopski" (1833). In dieser Fassung der weit verbreiteten Sage taucht zum ersten Mal die Schlusswendung mit der "Erlösung durch Liebe" auf. Erst dieser "echt dramatische Einfall" (Wagner) machte den Stoff überhaupt interessant für den Komponisten. Im folgenden Jahr floh Wagner vor seinen Gläubigern aus Riga; während der mehrwöchigen Schiffsreise nach England geriet er am Skagerrak in einen schweren Sturm. Dieses Erlebnis beschrieb Wagner später als "Urinspiration" für die Holländer-Musik. Dennoch Entstand der Prosaentwurf zum Libretto erst im Frühjahr 1840. Mit Unterstützung Meyerbeers versuchte Wagner dann, vom neuen Direktor der Grand-Opera. Leon Pillet, einen Kompositionsauftrag für "Le Vaisseau Fantome" (so der französische Titel) zu erhalten. Doch es wurde lediglich angeboten, ihm das Sujet abzukaufen - ein Vorschlag, in den Wagner aus materieller Not einwilligte. So kam es, dass in Paris am 9. November 1841 ein "Vaisseau Fantome" uraufgeführt wurde, dessen Komponist Pierre Louis Dietsch hieß.
Wenige Tage zuvor, am 21. Oktober hatte Wagner seine "Holländer"-Partitur vollendet. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland 1842 versuchte er verstärkt, das neue Werk an einem deutschen Theater unterzubringen, wohl wissend, dass er, wenn erst einmal der "Vaisseau Fantome" von einem deutschen Theater übernommen worden wäre, "Der fliegende Holländer" kaum noch eine Chance gehabt hätte. Dem Berliner Hoftheater, das sich zögerlich verhielt kam Dresden zuvor, wo man sich einen dem "Rienzi" vergleichbaren Erfolg erhoffte.
Zur Musik. Die Grundanlage ist noch immer die einer Nummernoper, wenngleich Wagner für die Bezeichnungen zu Hilfskonstruktionen wie "Lied", "Szene", "Ballade" und "Chor" (zweiter Akt) greifen musste. Grundeinheit der Oper ist die Szene, die als in sich geschlossene Gruppierung verschiedener Teile den formalen Zusammenhang des Ganzen gewährleistet.
Ein Unikum in der Opernmusik jener Zeit ist die Ouvertüre, die nicht nur die Hauptthemen der Oper exponiert, sondern sie auch einer sinfonischen Verarbeitung unterwirft, die in gedrängter Kürze das Drama vorwegnimmt. Die Ouvertüre korrespondier musikalisch deutlich mit der Ballade der Senta im zweiten Akt über die Wagner in der "Mitteilung an meine Freunde" 1851 schrieb: "In diesem Stück legte ich unbewusst den thematischen Keim zu der ganzen Musik der Oper nieder: Es war das verdichtete Bild des ganzen Dramas, wie es vor meiner Seele stand; und als ich die fertige Arbeit betiteln sollte, hatte ich nicht übel Lust, sie dramatische Ballade zu nennen.

Wirkung:
Die Uraufführung war ein mäßiger Erfolg. Das Publikum reagierte verstört, als es nach der unerhörten Prachtentfaltung des "Rienzi" mit diesem düsteren, kargen Stück konfrontiert wurde. Zudem berichtet Wagner selbst, dass die Sänger, abgesehen von der Schröder-Devrient, für die Rollen nicht geeignet gewesen seien. Der "Holländer" erlebte nur wenige Aufführungen und erschien erst 1865 wieder auf der Dresdner Bühne. Seinen Durchbruch hatte das Werk am 5. Juni 1843 in Kassel in der Einstudierung von Louis Spohr. Zudem muss die Aufführung ein bühnentechnisches Wunderwerk mit original großen beweglichen Schiffen, Sturmwolken und Lichteffekten gewesen sein. Die Berliner Erstaufführung am 7. Januar 1844 wurde vom Publikum bejubelt, von der Kritik abgelehnt.
Für die Weimarer Produktion 1853, die nach der Uraufführung des "Lohengrin" (1850) angesetzt worden war, schrieb Wagner auf Bitten Franz Liszts die "Bemerkungen zur Aufführung der Oper: Der fliegende Holländer": Dies war der erste Versuch, mittels genauer szenischer und musikalischer Anweisungen sog. Modellaufführungen zu kreieren, an denen sich alle folgenden tunlichst zu orientieren hatten. Systematisch betrieben wurden die "Modellaufführungen" am Münchener Hoftheater von König Ludwig 11. Hier kam "Der fliegende Holländer" unter der Leitung Franz Lachners am 4. Dezember 1864 heraus, zum ersten Mal mit dem "Verklärungsschluss".
Wagner hatte die Notwendigkeit verspürt, die Erlösung des Holländers durch die Liebe Sentas stärker anschaulich zu machen, und den dritten Akt dahingehend geändert, dass nun die Leiber Sentas und des Holländers in "verklärter Gestalt" zum Himmel schweben. Dazu hatte er eine harfenumrauschte Musik geschrieben, und diesen Schluss auch der Ouvertüre angehängt. Seitdem wurde die Oper zumeist in dieser Gestalt aufgeführt. Wagner war allerdings noch nicht zufrieden und trug sich bis 1881 mit Änderungsplänen, die aber nicht ausgeführt wurden.
Ab 1870 kam der "Holländer" auch auf zahlreiche ausländische Bühnen. Unter den Werken, die Wagner für das Bayreuther Festspielhaus zugelassen hatte, war der "Holländer" das am frühesten entstandene. Auf die Bayreuther Bühne kam es aber erst 1901, gemeinsam inszeniert von Siegfried und Cosima Wagner. Diese Aufführung, mit Anton van Rooy und Emmy Destinn in den Hauptrollen, räumte mit dem Vorurteil auf, "Der fliegende Holländer" sei für die Sänger undankbar. Von nun an hörte man die größten Sänger im Bassbaritonfach, u.a. Francisco d'Andrade, Hans Hotter, Hermann Uhde und George London als Holländer, während die Senta u. a. von Maria Müller, Leonie Rysanek, Astrid Varnay und Anja Silja verkörpert wurde.
Zu den berühmten Interpretationen des 20. Jahrhunderts der Oper gehören die Produktion an der Berliner Kroll-Oper im neusachlichen Dekor Ewald Dülbergs (1929, Regie: Jürgen Fehling, Dirigent: Otto Klemperer); Inszenierungen von Joachim Herz in Berlin, Leipzig und Moskau (1962/63), die die Oper Im vormärzlichen Ambiente der Entstehungszeit ansiedelten; und die Bayreuther Festspielinszinierung Harry Kupfers (1978), der das ganze Geschehen als Vision oder Tagtraum Sentas deutete.

Uraufführung: 2. Januar 1843 Dresden (Königlich Sächsisches Hoftheater)

Die Besetzung der Uraufführung:

Der Holländer: Michael Wächter (spielte auch den Paolo Orsini in Rienzi und den Biterolf in Tannhäuser)
Senta: Wilhelmine Schröder-Devrient (spielte auch Adriano in Rienzi und Venus in Tannhäuser)
Erik: Friedrich Traugott Reinhold (spielte auch den Baroncelli in Rienzi)
Daland: Carl Risse (spielte auch den Cecco del Vecchio in Rienzi und den Reinmar von Zweter in Tannhäuser)
Steuermann: Wenzel Bielezizky
Mary: Fr. Wächter

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