Akt 2

Erstellt | Geändert

Der Text zum 2. Akt der Oper Rienzi, der Letzte der Tribunen von Richard Wagner

Zweiter Akt - Erste Szene
Introduktion

Chor der Friedensboten, Rienzi, Baroncelli, Cecco, Senatoren

Chor der Friedensboten (auf dem Theater, sehr entfernt)
Jauchzet, ihr Täler!
Frohlockt, ihr Berge!
Frei prangt die Flur,
erfüllt von Segensspur!
Jauchzet, ihr Berge!
Frohlockt, ihr Täler!

Der Vorhang geht auf.
Die Bühne bleibt noch eine Zeitlang leer. Den folgenden Gesang der Friedensboten hört man wie aus den Straßen näherkommend, bis diese selbst mit dem ersten Friedensboten an der Spitze gegen die Mitte des Gesanges durch das große Portal in einem langsamen Zuge auftreten. Sie sind festlich antik in Weiß gekleidet und tragen silberne Stäbe.

Chor der Friedensboten
Ihr Römer, hört die Kunde
des holden Friedens an:
Auf Romas heil'gem Grunde
wallt freudig jede Bahn!
In düstrer Felsen Schluchten
drang goldner Sonne Schein;
in Meeres sichren Buchten
zieht froh die Segel ein!
Denn Friede ist gekommen,
der Freiheit Licht gewonnen!
Jauchzet, ihr Täler!
Frohlockt, ihr Berge!

Rienzi tritt auf mit Cecco, Baroncelli und den Senatoren.
Rienzi
Du, Friedensbote, sage an,
hast deine Sendung du vollbracht?
Zogst du durchs ganze Römerland
und bringest Frieden du und Segen uns?
Erster Friedensbote
Ich sah die Städte, sah das Land,
ich zog entlang des Meeres Strand;
so weit das Land der Römer reicht,
trug mich mein Fuß beschwingt und leicht.
Und Frieden fand ich überall,
froh tönt des Jubels Widerhall.
Frei treibt der Hirt die Herde hin,
reich prangt der Felder Fruchtgewinn.
Der Burgen Wälle stürzen ein,
denn frei will jeder Römer sein.
Chor der Friedensboten, Erster Friedensbote
So weit das Land der Römer reicht,
trug uns der Fuß beschwingt und leicht,
und Frieden fand ich überall,
froh tönt des Jubels Widerhall.
Frei treibt der Hirt die Herde hin,
reich prangt der Felder Fruchtgewinn.
Der Burgen Wälle stürzen ein,
denn frei will jeder Römer sein.
Rienzi
Dir Preis und deiner hohen Macht!
Durch dich, mein Gott, hab' ich's vollbracht!

Baroncelli, Cecco, Senatoren
Dir alles Glück verdanken wir,
dem größten Römer, Ehre dir!
Rienzi
Geht, Friedensboten, ziehet denn
durch alle Straßen Romas hin,
bringt jedem Römer eure Kunde!

Die Friedensboten verlassen unter Anstimmung der Hymne langsam durch das Portal die Bühne. Der Gesang verhallt zum Schluß in den Straßen.
Chor der Friedensboten
Ihr Römer, hört die Kunde
des holden Friedens an:
Auf Romas heil'gem Grunde
wallt freudig jede Bahn!
In düstrer Felsen Schluchten
drang goldner Sonne Schein;
in Meeres sichren Buchten
zieht froh die Segel ein!
Denn Friede ist gekommen!
Der Freiheit Licht gewonnen!
Jauchzet, ihr Täler!
Frohlockt, ihr Berge!

Rienzi ist in stummes Gebet versunken.
Steffano Colonna, Orsini und die Nobili, alle in Friedensgewändern, treten auf und grüßen Rienzi mit stolzer Unterwürfigkeit.
Colonna
Rienzi, nimm des Friedens Gruß!
Rienzi
Heil euch! - Was fehlt noch Rom zu seinem Glücke,
da seine mächt'gen, stolzen Feinde jetzt
zurückgekehrt und Treue ihm geschworen!
Colonna
Rienzi, ich bewundre dich;
zwar sucht' ich diese Größe nie in dir,
doch sei's darum! Ich will sie anerkennen!
Rienzi
Des Friedens, des Gesetzes Größe nur,
nicht meine, sollt ihr anerkennen!
Vergeßt es nie, daß dieser Preis es war,
um den wir kämpften; - daß diese Tore sich
euch öffneten, nur da ihr Treu' ihm schwurt,
daß ihr ihm untertan sein sollt
wie der geringste der Plebejer!
Die Mauern eurer Schlösser saht ihr fallen,
durch die ihr Rom zum Räuberlager machtet.
Weh euch, wenn ihr drum Groll noch nährt,
wenn euer Herz der neue Tag noch nicht
erwärmt! Weh euch beim kleinsten Übertritt!
Denn ich vor allem schütze das Gesetz,
ich, der Tribun.

(Mit freundlicher Herablassung.)
Ihr Herrn und Edlen, ich
erwarte euch zum Feste in diesen Sälen!

Er geht ab mit Cecco, Baroncelli und den Senatoren.

Zweiter Akt Zweite Szene
Terzett und Chor

(Orsini, Colonna, Nobili. Später Adriano.)
Orsini
Colonna, hörtest du das freche Wort?
Sind wir verflucht, zu dulden solche Schmach?
Colonna
Ha, wie ich knirsche! Der Plebejer, er,
den ich zum Spott an meiner Tafel hielt!
Orsini
Was ist zu tun? Wir sind besiegt.
Und dieser Pöbel, den mit Füßen wir
getreten, wie verwandelte er sich!
Die Masse ist bewaffnet, Mut und Begeisterung
in jedem der Plebejer.
Colonna
Der Pöbel - ha!
Rienzi ist's, der ihn zu Rittern macht.
Nimm ihm Rienzi, und er ist, was er war.

Die Nobili schließen einen engeren Kreis um Orsini und Colonna. Adriano tritt ungesehen auf, beobachtet die Gruppe und mischt sich unbemerkt unter sie.
Orsini
So wäre denn auf ihn allein
der Streich zu führen, der uns frommt?
Colonna
Er ist der Götze dieses Volks,
das er durch Trug verzaubert hält.
Orsini
Doch für Gewalt und offne Tat
sind wir zu schwach, vermögen nichts.
Colonna
Was bleibt uns übrig? Tötet ihn
inmitten dieser Narrenbrut,
hin ist die Pracht und uns der Preis!
Orsini
Ha, du sprichst wahr! Und diesen Stoß,
wer führt ihn sichrer wohl als ich?
Heut ist das Fest in diesen Sälen,
schließt euch um mich, ich fehle nie!
Colonna
Vierhundert Lanzen, denen er
die Stadt verschloß, bring' ich herein,
besetze schnell das Kapitol,
und Rom gehört von neuem uns.
Orsini, Nobili (wild auffahrend)
So sei's!
Adriano (tritt hervor und steht vor Orsini und Colonna)
Ha, Meuchelmörder! Sprecht,
was habt ihr vor? Was brütet ihr?
Orsini
Colonna, sprich, sind wir verraten?
Colonna (mißt Adriano mit scharfem Blicke)
Wer bist du? Sag, bist du mein Sohn?
Ha, oder bist du mein Verräter?
Adriano
Des ritterlichen Vaters Sohn,
der Ehre bis ins Alter liebte,
der fremd war jeder Bubentat,
Orsinis Feind und seiner Rotte.
Orsini
Verräter, frecher Knabe du!
Colonna
Lehrt solches Wort dich der Tribun?
Weh dir, erkenne ich für wahr,
wie ich sie ahne, deine Schmach!
Adriano
Bist du noch immer blind, mein Vater?
Colonna
Ha, schweig! Du bist in seinen Händen,
und zum Verräter am eignen Vater
benutzt dich der Tribun! Fluch ihm!
Erschienen sei sein letzter Tag!
Adriano
O Gott, so hört' ich wirklich recht?
Ihr brütet finstern Meuchelmord?
Laßt euch beschwören, o beschimpft
nicht so die Namen, schon genug
befleckt durch Raubtat und Gewalt!
Orsini
Hört den Treulosen! - Wie, Colonna,
du züchtigst deinen Knaben nicht?
Colonna (hart an Adriano)
So wisse! Heut, in diesen Sälen,
stirbt der Tribun von unsrer Hand.
Du weißt's, Verworfner! Geh denn hin,
verrate ihm mich, deinen Vater!
Adriano
Entsetzlich! Ha, mein Schreckenslos!
Sieh meine Angst, erhör mein Flehen!
Colonna
Verräter bist du, nicht mein Sohn!
Orsini
Komm fort, nicht sicher sind wir hier!
Adriano
Mein Vater, bleib und hör mich an!
Colonna
Vergebens, Bube, ich bin fest!
Adriano
Sei gnädig und erbarm dich mein!
Mein Vater!
Die Nobili
Hör ihn nicht an! Auf, folge uns!
Adriano (auf den Knien)
Zu deinen Füßen fleht dein Sohn!
Du bringst Verzweiflung auf sein Haupt!
Colonna
Rienzi stirbt von unsrer Hand,
du weißt's, geh hin, verrate mich!
Adriano
O hör der Ehre Hochgebot!
Hör deines Sohnes Jammer an!
Sieh mich in meiner Todesnot;
Verzweiflung faßt mich Ärmsten an!
Orsini, Nobili
So sei's! Geschworen ist ihm Tod!
Für unsre Schmach sei's jetzt getan! -
In diesen Hallen, blutigrot,
soll enden des Plebejers Bahn!
Colonna
So sei's! Geschworen ist ihm Tod;
für unsre Schmach sei's jetzt getan! -
Flieh meinen Fluch, der dich bedroht,
den Vatermörder trifft er an!


Colonna stößt Adriano von sich zu Boden. Alle außer Adriano entfernen sich unter drohenden Gebärden.
Adriano (richtet sich leichenblaß vom Boden auf.)
Ich will denn ein Verräter sein:
Irenens Bruder, Rienzi, lebe!

Er will abgehen, plötzlich schaudert er aber zurück.
Verräter! Ha, was willst du tun?
Mein Vater...er?...sein graues Haupt
dem Henkerbeil? Ha, nimmermehr!
(in Verzweiflung)
Ihr Heil'gen, schützt vor Wahnsinn mich!

Er geht ab.

Zweiter Akt - dritte Szene
Finale

Der Zug der römischen Bürgerschaften naht sich durch das große Portal. Voran die Senatoren, ihnen folgen die Nobili und das Volk. Alle sind festlich geschmückt.
Volk
Erschallet Feierklänge!
Stimmt Jubellieder an!
Ihn ehren die Gesänge,
der Freiheit uns gewann!

Rienzi tritt auf; mit ihm Irene, Baroncelli und Cecco del Vecchio. - Allgemeine Begrüßungen.
Rienzi
Seid mir gegrüßt, ihr Römer all!
Ha, welch ein Anblick beut sich mir dar,
vereint, geschmückt zum Friedensfest! -
Der Friede hoch! Lang blühe Rom!
Volk
Der Friede hoch! Lang blühe Rom!
Baroncelli
Es nahen die Gesandten sich,
die Nah und Fern dir zugesandt!

Der Gesandte Mailands tritt auf mit einem glänzenden Gefolge.
Der Gesandte Mailands
Heil dir, und ewiges Gedeihn
wünscht Mailand dem erstandnen Rom!

Die Gesandten der Lombardei mit Gefolge.
Die Gesandten der Lombardei
Gruß jeder Stadt der Lombardei
entbieten wir dem Schützer Roms.

Der Gesandte Neapels mit Gefolge.
Der Gesandte Neapels
Ruhm dir, und hohe Ehre Rom
bezeigt Neapels Königin!

Die Gesandten Böhmens und Bayerns mit Gefolge.
Die Gesandten Böhmens und Bayerns
Von Deutschland her kommt dir der Gruß:
Gedeihen dir und Ehre Rom!
Rienzi
Im Namen Roms nehmt vollen Dank!
Nie ende Neid den schönen Bund! -
(in wachsender Begeisterung)
Ja, Gott, der Wunder schuf durch mich,
verlangt, nicht jetzt schon stillzustehn.
So wißt, nicht Rom allein sei frei -
nein, ganz Italien sei frei!
Heil dem ital'schen Bunde!

Volk, Baroncelli, Cecco, Die Gesandten Italiens
Heil dem ital'schen Bunde!
Rienzi
Und weiter noch treibt Gott mich an! -
Im Namen dieses Volks von Rom
und kraft der mir verliehnen Macht
lad ich die Fürsten Deutschlands vor,
bevor ein Kaiser sei gewählt,
sein Recht den Römern darzutun,
mit dem er König Roms sich nennt.
Auch Rom erwähle ihn so fort
denn Rom sei frei und blühe lang!

Außerordentliche Sensation; betroffene Bewegung der Gesandten Böhmens und Bayerns.
Orsini (heimlich zu Colonna)
Der Übermüt'ge! Ist er toll?
Colonna
Ha, fast erspart er dir den Stoß!
Rienzi
Herold, beginnen mag das Fest!

(Vorbereitungen zur Pantomime.)
Adriano (unbemerkt und heimlich zu Rienzi)
Rienzi, sei auf deiner Hut!
Rienzi
Droht mir Verrat?
Adriano
Schütz dich! Nichts weiter!
Rienzi
Verrat? Von wem als diesen Edlen?
Adriano
Nur meine Ahnung!
Rienzi
Fürchte nichts!
Ein Panzerhemd deckt meine Brust!

Er entfernt Baroncelli mit einem heimlichen Auftrage.
Nachdem alles zur Pantomime geordnet ist, tritt der Herold vor.
Der Herold
Ihr Römer, es beginnt das Fest.
Ein hohes Schauspiel stellt sich dar.
Erfahret, wie einst Lucretias Tod,
durch Brutus' Heldentat gerächt,
Tarquinius' Tyrannei vertrieb
und Romas Söhnen Freiheit gab.
Pantomime
Lucretia gefolgt von ihren Frauen; Collatinus, ihr Gatte, und mehrere angesehene Römer, unter ihnen Brutus. Collatinus: er müsse sie verlassen, der Tyrann Tarquinius habe ihn zu einem Feste geladen, zu dem ihn seine Freunde begleiten würden. Lucretia: - er solle sie nicht verlassen, ihr sei so bang in seiner Abwesenheit. Collatinus: er müsse der Einladung Folge leisten, damit er den Tyrannen einlulle, um ihn desto sicherer zu verderben! Lucretia: Sie beschwöre ihn von neuem, sie nur heute nicht zu verlassen; sie quälten die fürchterlichsten Ahnungen, zu denen sie gräßliche Träume der vorigen Nacht trieben. Collatinus: sie sei wohl krank? Er befiehlt Virginia und den Jungfrauen, während seiner Abwesenheit Lucretia treu zu bewachen und ihre Augen durch muntere Spiele zu erfreuen. Er nimmt zärtlich Abschied von Lucretia. Sie umarmt ihn heftig; - er geht mit seinen Freunden. Lucretia sinkt auf ein Ruhebett und verbleibt in schwermütiges Hinbrüten versunken zurück. Virginia naht sich Lucretia mit Teilnahme und richtet an sie die Frage, ob sie nicht erlauben wolle, daß die Jungfrauen sie mit Spiel und Tanz aufzuheitern suchen dürften? Lucretia willigt ein. Einige der Jungfrauen ergreifen Harfen, die anderen ordnen sich zu einem Tanze.
Ballett.
Tarquinius hat sie belauscht. Auf sein Geheiß brechen seine Trabanten hervor und bemächtigen sich nach einigem Kampfe der Jungfrauen, die sie mit sich fortführen. -
Lucretia ist vor Schreck bewußtlos hingesunken. Tarquinius ist mit ihr allein; er betrachtet sie voll ungestümen Verlangens und sucht sich der Hingesunkenen zu bemächtigen; Lucretia erwacht aus ihrer Betäubung. Sie begreift schnell das Schreckliche ihrer Lage. Sie entsetzt sich und sucht zu entfliehen. Tarquinius hält sie zurück; - sie sucht ihn abzuwehren. Sie ringen eine Zeitlang. Oft macht sie sich los und sucht nach verschiedenen Seiten hin zu entfliehen; - überallhin folgt er ihr und hält sie zurück; - sie sucht ihn bald durch bittende, bald durch drohende Gebärden von sich abzuhalten. - In der Verzweiflung senkt sie sich auf die Knie; - und beschwört ihn, ihre Ehre zu schonen. Tarquinius hebt sie auf und kniet selbst vor ihr, indem er sie bittet, seinem Verlangen nicht zuwider zu sein; ihre Schönheit flöße ihm eine zu große Glut ein, als daß er sie nicht gelöscht sehen solle. Sie solle bedenken, daß er der Beherrscher der Römer sei, der über alle, auch über sie unumschränkt zu gebieten habe. Sie stößt ihn mit grimmiger Verachtung von sich; - dies reizt seine Wut; mit roher Gewalt sucht er sich jetzt ihrer zu bemächtigen; sie wehrt sich nochmals auf das Verzweifeltste; ihre Kräfte scheinen endlich zu sinken - er erfaßt sie und schleppt sie nach dem Ruhebette - plötzlich stößt sie ihn aufs neue gewaltsam von sich; sie hat ihm das Schwert entrissen und droht ihm, sich zu durchbohren, wenn er nicht von ihr ablasse; er dringt demohngeachtet auf sie zu und sucht ihr das Schwert zu entreißen, sie wehrt ihn glücklich ab und stößt sich das Schwert in die Brust. Sie sinkt tot nieder. Tarquinius ist auf das Äußerste bestürzt. Seine Trabanten nahen sich mit der Nachricht, daß Collatinus mit vielen Begleitern zurückkehre. - Tarquinius entflieht mit ihnen. -
Collatinus, Brutus, Virginia und eine Anzahl junger Römer treten auf: Virginia hatte sich den Trabanten entrissen, war zu Collatinus geeilt und hat ihn von allem benachrichtigt, was in seiner Abwesenheit vorgefallen. - Sie erblicken die Leiche. Collatinus stürzt sich mit heftigem Schmerz über sie hin; - alle stehen von tiefem Entsetzen ergriffen. Brutus ermannt sich zuerst, erhebt Collatinus und zieht das Schwert aus Lucretias Brust. Mit heroischem Pathos, über den die anderen erstaunen, hebt Brutus mit beiden Händen das Schwert zum Himmel und schwört Untergang der Tyrannei. Er hält den übrigen das Schwert hin und fordert sie auf, denselben Schwur zu leisten. Alle sind durch Brutus hingerissen. Sie schwören auf das Schwert Bestrafung und Vertreibung der Tyrannei. Brutus fordert sie zum schnellen Vollzug des Schwures auf; sie sind entschlossen, sogleich alles zu wagen. Sie entblößen ihre Schwerter, heben Lucretias Leiche auf und eilen davon.
Tarquinius kommt mit seinen Trabanten. Er ist auf der Flucht, sein Schritt ist matt und schwankend. Voll Entsetzen und Wut blickt er hinter sich; seine Begleiter fordern ihn auf zu fliehen. Seine Freunde bewegen ihn endlich, ihnen zu folgen. Er blickt noch einmal zurück, mit einer Gebärde, als ob nun alles verloren sei, wirft er sein Diadem von sich und entflieht.
Brutus, Collatinus und die Scharen der römischen Jugend, alle in Waffen, gelangen, Tarquinius verfolgend, auf die Bühne. Brutus hält sie von der weiteren Verfolgung zurück; der Sieg sei entschieden, der Schwur erfüllt, der Tyrann vernichtet und Rom frei. Er fordert sie auf, die Waffen von sich zu legen und sich mit friedlichen Oliven zu schmücken, denn Friede und Freiheit solle nun herrschen, nur die Waffen sollten sie stets in Bereitschaft halten, Frieden und Freiheit gegen jeden Tyrannen zu schützen; er fordert sie auf, dies zu beschwören. Alle, in der einen Hand das Schwert, in der anderen den Kranz, beschwören, mit jenem diesen zu verteidigen. Festlicher Tanz mit Festhaltung der Allegorie.
Trompeten ertönen. Ein Zug Ritter in mittelalterlichen Kostümen erscheint. Die Römer, die ihre Waffen bereits abgelegt, werden von Brutus ermahnt, sich gegen neue Tyrannen zu verteidigen. Sie werden von den Rittern herausgefordert, ergreifen die Waffen und beginnen den Kampf.
Kampf.
Die alten Römer bilden mit ihren Schilden eine Testudo, auf welche ihre Anführer, Brutus voran, steigen und von da herab die Ritter siegreich bekämpfen.
Der Sieg ist entschieden, die Ritter unterliegen.
Der Friede erscheint, ihm folgen Jungfrauen, in gemischt antikem und mittelalterlichem Kostüm. Der Frieden versöhnt die alten mit den neuen Römern. Auf sein Geheiß schmücken die mittelalterlich gekleideten Jungfrauen die alten, die antik gekleideten die neuen Römer mit Friedens-Kränzen und gesellen sich zu ihnen.
Festliche Tänze, die Vereinigung des alten und neuen Roms versinnlichend.
Die neuen Römischen Fahnen werden entfaltet; die Fahnen werden von den Zuschauern enthusiastisch begrüßt.

Orsini hat sich während des Schlusses der Tänze immer dichter an Rienzi gedrängt und führt jetzt einen Dolchstoß nach dessen Brust. Adriano, der ihn fest beobachtet hat, fährt dazwischen, ohne jedoch den Stoß zurückhalten zu können. Die Säle sind plötzlich durch Rienzis Trabanten besetzt und die Nobili in einem Moment überwältigt.
Volk
Rienzi! Auf! Schützt den Tribun!
Rienzi (zu den Nobili)
Ihr staunt? Begreift nicht das Mißlingen
der wohlberechnet schönen Tat?

Er entblößt das Gewand auf seiner Brust, die mit einem hellen Panzer bedeckt ist.
So seht denn, wie ich mich gewahrt
vor eurer Liebe! Meuchelmord!
Er galt nicht mir, nein, er galt Rom,
galt seiner Freiheit, seinem Gesetz!
Sie ekelte dies hohe Fest,
das Roms Erstehung feierte!
Viel edler ist ein Meuchelmord
an dem, der Roma neu erschuf!
Zu End, ihr Römer, sind die Feste,
und das Gericht beginnet!

Erschüttert und schweigend entfernt sich alles; nur Rienzi, die Senatoren, Cecco, Baroncelli und sämtliche Nobili, von den Trabanten bewacht, bleiben zurück.
Rienzi (zu den Senatoren)
Ihr saht, Signori, das Verbrechen,
vor euren Augen ward's verübt.
Baroncelli
Noch mehr! Colonnas Lanzenvolk
durchbrach das Tor und suchte jetzt
in Eil' das Kapitol zu nehmen,
das deine Vorsicht schon besetzt.
Rienzi
Ihr Edlen, leugnet ihr?
Colonna
Wer leugnet?
Zeig deinen Mut, nimm uns das Haupt:
auch deine Stunde ist nicht fern!
Rienzi (erschüttert)
Was willst du, düstre Mahnung, mir?

Er ermannt sich schnell.
So richtet sie nach dem Gesetz!
Cecco
Und das Gesetz spricht:
Cecco, Senatoren
Tod durchs Beil!
Rienzi
Nun denn, bereitet sie zum Tod!

Die Nobili werden von den Senatoren und den Trabanten in den hinteren Saal geführt, vor welchem ein roter Vorhang herabgelassen wird. Man hört das dumpfe Geläute der Kapitol-Glocke. Rienzi allein.
Mein armer Bruder, nicht durch mich,
durch Roma selbst wirst du gerächt!

Adriano und Irene stürzen herein.
Adriano
Den Heil'gen Dank! Er ist allein...
Rienzi! Gib mir meinen Vater!
Irene
Sein Vater! Sprich, was ist sein Los?
Rienzi
Des Hochverräters Los, der Tod!
Adriano
Ha, nimmermehr! Bedenk, Tribun,
ich warnte dich, verriet den Vater!
Machst du zu seinem Mörder mich?
Rienzi
Bedenke, daß du Römer bist
und nicht des Hochverräters Sohn!
Adriano
Willst du die Bande der Natur
aufopfern deiner Freiheit Prunk?
Oh, Fluch dann ihr, Fluch dir, Tribun!
Rienzi
Betörter! Ward nicht die Natur,
ja, Gott selbst freventlich verletzt!
Meineid und Mord! Colonna stirbt!
Adriano
Ha, wag es, blut'ger Freiheitsknecht!
(mit Bedeutung)
Gib mir verwandtes Blut zu rächen,
und dein Blut ist's, was mir verfällt!
Rienzi
Unsel'ger! Woran mahnst du mich?

Man hört aus dem verhängten Saale den dumpfen Gesang der Mönche, welche die Nobili zum Tode vorbereiten.
Die Mönche (hinter der Szene)
Misereat Dominum
vestrorum peccatorum!
Adriano
Entsetzlich! Welche dumpfe Töne!
Errege Mordlust nicht in mir.
Irene
O blick zu Gott, sei gnädig, Bruder,
und schone, o schone, seines Vaters Haupt!

Vom großen Portal her hört man das Volk.
Volk
Tod der Verräterbrut!
Rienzi
Hört diesen Ruf! Er spricht zu mir!
Ach, meine Gnade wird zum Verbrechen!

Irene und Adriano beschwören Rienzi auf den Knien.
Adriano, Irene
Zu deinen Füßen flehen wir:
sei gnädig, rette meinen/seinen Vater!
Rienzi
Wohlan! Vernehmt denn Rienzis Entschluß!

Auf Rienzis Zeichen hebt sich der Vorhang. Man sieht die Nobili in Todesangst beten, vor jedem steht ein Mönch. Der Ruf des Volkes schallt von außen durch das große Portal her. Die Nobili werden in den Vordergrund geführt.
Volk (von außen)
Tod den Nobili!
Tod den Verrätern!

Die Masse des Volkes bricht durch das Portal herein.
Tod treffe sie! Tod treffe die Verräter!
Die Verräter sterben! Sie sterben!
Rienzi (dem Volke entgegentretend)
Höret mich! Verschworen hatten sich
die Nobili zum Mord an mir...
Volk
Sie sterben drum!
Rienzi
Hört, Römer, mich!
Begnadigt seien sie durch euch!
Cecco
Tribun, du rasest!
Volk
Nie, Rienzi!
Tod treffe die Verräter! Tod treffe sie!
Die Verräter sterben! Sie sterben!
Rienzi
Muß ich euch
um Gnade flehn für meine Mörder?
Wohlan! So fleh' ich euch denn an:
wenn ihr mich liebt, begnadigt sie!
Baroncelli
Er raset! Hört ihn nicht an!
Rienzi
Ihr Römer!
Ich macht' euch groß und frei; den Frieden,
oh, erhaltet ihn! Vermeidet Blut!
Seid gnädig, flehe ich, der Tribun!
Volk
Dich, unsren Retter, unsren Befreier,
bedrohte Tod von ihrer Hand!
Rienzi
Begnadigt sie und laßt von neuem
sie das Gesetz beschwören;
nie können je sie's wieder brechen!
Ihr Nobili, könnt ihr dies schwören?

Colonna, Orsini, Nobili (in Zerknirschung)
Wir schwören!
Cecco
Du wirst's bereun!
Rienzi
O laßt der Gnade Himmelslicht
noch einmal dringen in das Herz!
Wer euch, begnadigt, Treu verspricht,
fühlt auch der Reue bittren Schmerz!
Doch dreifach Wehe treffe sie,
verletzen sie auch diesen Eid!
Den Frevlern dann verzeihet nie,
verflucht sei'n sie in Ewigkeit!
Adriano, Irene
Wie Sonne schön durch Wolken bricht,
löst diese Gnade jeden Schmerz;
ja, seiner Milde Himmelslicht
dringt segnend in ihr reuig Herz.
Baroncelli, Gecco
Unzeit'ge Gnade, die er übt!
Bereun wird er der Straf' Erlaß.
Wer diesen Stolzen je vergibt,
erweckt aufs neue ihren Haß!
Colonna, Orsini
Ha, stolze Gnade, die er übt!
Erniedrigung und Straferlaß!
Die Schmach der Edle nie vergibt,
bis in den Tod trifft dich sein Haß!
Volk
In deine Hände, o Tribun,
sei der Verbrecher Los vertraut!
Du darfst nach deinem Willen tun,
da fest auf dich der Römer baut.
Rienzi
Euch Edlen dieses Volk verzeiht,
seid frei, die besten Bürger Roms!
Adriano, Irene (Rienzi zu Füßen fallend.)
Rienzi, dir sei Preis,
dein Name hochgeehrt;
dich schmücke Lorbeerreis,
gesegnet sei dein Herd!
So lang als Roma steht,
ans Ende aller Welt,
dein Name nie vergeht,
du hoher Friedensheld!
Baroncelli, Cecco
Bald schwört Verrat aufs neu
die stolze Räuberbrut,
wer baut auf ihre Treu?
Uns frommt allein ihr Blut!
Colonna, Orsini, Noblili
Ha, dieser Gnade Schmach
erdrückt mein stolzes Herz!
Es räche bald ein Tag
der Schande blut'gen Schmerz!
Volk
Rienzi, dir sei Preis,
dein Name hochgeehrt;
dich schmücke Lorbeerreis,
gesegnet sei dein Herd!
So lang als Roma steht,
ans Ende aller Welt,
dein Name nie vergeht,
du hoher Friedensheld!

Erstellt | Geändert